Nachtleben vs. Nachtruhe: Zum “Verweilverbot” am Brüsseler Platz in Köln
Leider kein Einzelfall, allerdings einer, der mir nahegeht, weil ich selbst viel Zeit am Brüsseler Platz in Köln verbracht habe: weil man sich angesichts der jahrelangen Querelen um Lärmbeschwerden und dergleichen nicht anders zu helfen weiß, soll ab Februar ab 22 Uhr auf dem Platz im Zentrum des Belgischen Viertels, einem der Ausgehviertel der Stadt, ein “Verweilverbot” gelten. Zusätzlich wird die Errichtung eines Zauns erwogen, und Gastronomen sollen künftig auch an Wochenenden um 22.00 Uhr ihre Außengastronomie schließen. Dazu passt, dass erst vor wenigen Tagen zudem bekannt wurde, dass auch das seit vielen Jahren rund um den Platz stattfindende Festival Tour Belgique 2025 aufgrund von Anwohnerbeschwerden und Konflikten mit dem Ordnungsamt wohl abgesagt wird.
Sicher, die Situation ist kompliziert: In den 1990er und frühen 2000er Jahren, "meiner" Zeit am Brüsseler Platz, ging es dort vergleichsweise überschaubar zu, ein paar Jahre später waren es oft Hunderte von Menschen, die sich dort versammelten, was ohne Frage Belastungen für Anwohner – Lärm, Müll, you name it – nach sich zog. Zudem gehört zur Geschichte auch, dass den nun angekündigten Maßnahmen eine Reihe von Bemühungen vorausging, die Situation mit weniger brachialen Mitteln zu entschärfen und die Stadt unter dem Druck eines Gerichtsurteils steht, das sie zur Gewährleistung der Nachruhe verpflichtet.
Mir fehlt der Einblick in die Details, um die Situation abschliessend beurteilen zu können, geschweige denn mit einer Lösung um die Ecke kommen. Sind es, wie manchmal behauptet, nur einige wenige, die die Stadt mit Beschwerden überziehen, oder doch eine größere Zahl von Anwohnern? Ich weiß es schlicht nicht. Was ich jedoch weiß, ist, dass Städte – nicht nur für Deutschland übrigens – vor der schwierigen Aufgabe stehen, das Spannungsfeld zwischen urbanem Leben und einem sich verändernden Freizeitverhalten einerseits und den Bedürfnissen von Anwohnern andererseits zu lösen und auch der Stadtplanung hierbei eine wichtige Rolle zufällt.
Man kann vom Trend zum Feiern im Freien halten, was man will: Dass es ihn gibt, hat nicht nur mit neuen Vorlieben zu tun, sondern auch mit finanziellen Zwängen. Heutzutage einen ganzen Abend in Kneipen und Clubs zu verbringen, muss man sich erst einmal leisten können, und viele junge Menschen wohnen heute in Verhältnissen, in denen sich das Zusammensein mit Freunden nicht einfach in die Küche oder das Wohnzimmer verlagern lässt. Das bedeutet nicht, dass es ein Recht auf Feiern im Freien gäbe, durch das Menschen um ihren Schlaf gebracht werden, aber zentrale innerstädtische Plätze effektiv totzuberuhigen, um sich Beschwerden vom Hals zu schaffen, löst das Problem nicht – es besteht die Gefahr, dass Probleme sich lediglich verlagern. Und wenn solche Maßnahmen zur Regel werden, sägt man als Stadt am Ast, auf dem man sitzt. Man ruiniert – wie es die IG Kölner Gastro in einer Stellungnahme formuliert hat – langfristig genau das, was Städte attraktiv macht.